Freitag, 31. Oktober 2008

Krankenbesuch in Mumbai


Donnerstag, 23:45 Uhr, Der A-747 der Fluglinie AirFrance setzt zur Landung an - Nachdem ich das Flugzeug verlassen hatte und ich auf umständliche Art und Weise endlich den Ausgang des nach Gips riechenden Flughafengebäudes erreichte, erblickte ich zuerst eine fuer dieses Land typische unueberschaubare Menschenmenge. Da ich sofort von zwei Aufsehern in Gewahrsam genommen wurde, hatte ich überhaupt gar keine Zeit nach einer "gewissen" Person Ausschau zu halten. Freundlich wurde ich von einem der watchmen in Kenntnis gesetzt, dass es zur Zeit in Mumbai ein wenig gefährlich sei, da ein Politiker letzte Woche verhaftet wurde und ich besser die Innenstadt meiden sollte. Daraufhin gab ich ihm zu verstehen, dass ich bereits davon wüsste und ich von jemanden erwartet werde. Von Krawallen merkte ich in den nächsten 3 Tagen jedenfalls nichts mehr. Nachdem ich "die Vicky" endlich erblickte, bestellte sie und ersteinmal ein Taxi, das uns zu einem Hotel in der Nähe des AirPorts. Dort angekommen hatten wir uns ersteinmal viel zu erzählen, so dass wir auch erst um 04 00 einschliefen. Als wir dann mittags, von Krähen geweckt, aufstanden, begaben wir uns ersteinmal zu einem nahegelegenen Markt wo wir "leckere" Früchte (u.a. Sitafal) einkauften. Nach dem Einkauf gingen wir wieder zurück zu unserem Hotel, um mit dem dort deponierten Messer die Früchte zum Verzehr zuzubereiten. Auf dem Weg dorthin begegneten uns ein Junge mir seinen 3 Geschwistern, die uns baten, für sie Milchpulver zu kaufen, das stolze 4 Euro kostete. (Nicht alles in Indien ist billig...) Nach einigem Hin und Her willigte Vicky ein und kaufte ihnen das Milchpulver.

Nachdem wir dann die Früchte zu uns genommen hatten, begaben wir uns mittels Taxi, Zug und Rikshaw zum Hare Krishna Hare Ram - Tempel, der zu Vicky's Bedauern leider etwas voll und damit nicht so entspannend beim letzten Besuch war.
Auf dem Weg nach Hause plagte uns dann irgendwann der Hunger und wir entschlossen uns, in einem Restaurant zu speisen. Speisen ist das richtige Wort, denn das Restaurant schien zu einem der besseren zu gehören. Der Service war meiner Meinung nach etwas zuuu übertrieben, aber das ist man als erfahrener Italien-Urlauber ja gewohnt. (Selber tanken is nich drin)
Als wir mit dem Essen fertig waren gönnte sich jeder von uns noch einen erfrischenden Cocktail und dann verließen wir gutgelaunt das Lokal und traten unsere Reise ins Bett an.
Der zweite Tag begann wie der erste... Krähen saßen vor unserem Fenster und taten das, was Krähen nunmal machen... LÄRM!!! Da ich am Vortag schon den Wunsch geäußert hatte, Elephanta-Island zu besichtigen, gingen wir gleich nach dem Aufstehen, mit kurzem Abstecher zu einem der an jeder Strassenecke anzufindenen Obsthaendler, zum nahegelegenen Hafen. Kurz vor Abfahrt ließen uns dann auch die letzten eisernen CHIPSVERKÄUFER in Ruhe und wir schipperten in Gesellschaft von miesgelaunten Franzosen, geröteten Engländern und einigen Indern auf die 10 Kilometer vom Gateway of India entfernte Insel. Nachdem wir den Kahn verlassen hatten, traten wir unsere Reise, vorbei an Maiskolbenständen und tausenden anderen Ramschläden, zum Gipfel an. Dort angekommen erzählte mir meine Begleiterin etwas über die Gottheiten, die dort aus dem Stein gehauen wurden und zeigte mir einen Shiva darstellenden "lingam" (Steinpenis), der als solcher nicht zu erkennen war.. aber ein paar Affen sollten dafür sorgen, dass wir noch welche zu Gesicht bekommen würden. Da der Aufstieg uns ein wenig geschafft hatte und die Temperaturen uns zusätzlich schwächten, entschlossen wir uns zu einem Frühstück in einer Höhle, wo scheinbar keine Affen waren, da zuvor schon eine dieser Kreaturen sehr gierig geschaut hatte. So saßen wir also in einer schattenbringenden Höhle und zerschnitten eine Zitronen-Orange (sweet lime) und dann kam auch schon das Unheil... Wir schrieen und stampften aber es half alles nichts.. nicht mal die professionelle Imitation von Donald-Geraeuschen jagten dem unser Frühstück verzehrenden Rhesusaffen Angst ein. Irgendwann gaben wir Klein bei, weil mein Taschenmesser in Reichweite des Affen lag und dieser damit eindeutig im Vorteil war - weiß Gott, zu was dieser Fellbollen bereit ist!!!
Aber seht selbst...

Nach dem wir also unser ganzes Essen diesen Affen überlassen musste, machten wir kehrt und fuhren mit dem nächsten Schiff wieder zum Land. Von dort aus begaben wir uns dann auf bestem Wege zum Einkaufszentrum wo wir ersteinmal ein Eis verputzen und dann noch eine etwas "pikantere" Mahlzeit zu uns nahmen. Gesättigt besuchten wir einen Laden wo ich ein paar Salwar Kemeez für Männer anprobierte... leider gab es eines nicht in meiner Größe, sonst hätte ich es gekauft, aber ich werd ja noch genug Zeit haben mir 1 oder 2 zu besorgen. Als wir das breuningerähnliche Einkaufszentrum verließen, war es schon dunkel geworden... Zeit für die Falle.

Der dritte Tag begann auch nicht anders als die Tage davor... Nach dem Aufstehen begaben wir uns ins Cafe Leopold wo wir eigentlich einen Chai oder besser gesagt einen Masala Chai süffeln wollten, komischerweise konnte man dort keinen bestellen... (Meiner Meinung nach ist Chai vergleichbar mit Bier.. nennt mir eine Kneipe in Deutschland wo man kein Bier bekommt ô.O!) Nach dieser Enttäuschung gingen wir einfach ins nächste Cafe..nämlich ins Cafe GAYLORD! Also falls irgendjemand mal nach Mumbai kommen sollte, dort bekommt ihr einen erstklassigen Service zu normalen Preisen und ein desweiteren ist es sehr schattig und mit Pflanzen umgeben. Von dort aus gings wieder auf Achse... diesmal zu den Wäscherein die ja schon in diesem Blog erwähnt wurden. Dann besuchten wir noch eine Moschee und einen Tempel. Danach mussten wir leider wieder zum Hotel und die Rücksäcke abholen. Da das Taxi schon bereit stand konnten wir auch sofort zum Airport. Nach einigen Stunden Konversation verabschiedeten wir uns wieder voneinander und jeder ging seinen Weg.....*heul* Und wenn sie nicht gestorben sind dann liegen sie sich am 06. Dezember wieder in den Armen!!! :) (Übrigens der Rückflug war sehr angenehm... da ca. 1 Fluggast auf 3 Plätze kahm ;) d.h. man konnte sich schön hinlegen... achso und mit den Sicherheitsvorschriften nehmens die Franzosen auch nicht so... trotz gelegentlicher "Anschnallpflicht" hat es niemanden gejuckt wenn da ein paar noch rumlagen.. unter anderem ich..) Jetzt noch ein Paar Bilder... -cs.

Donnerstag, 30. Oktober 2008

Tradition und Moderne

Da prallen Welten aufeinander!
Die Kleidung ist schaetzungsweise typisch fuer Rajasthan (ein noerdlich von Mumbai gelegener Wuestenstaat, der stark von der Kultur muslimischer Eroberer gepraegt wurde), ich bin mir aber nicht 100%ig sicher. Und im Hintergrund seht ihr einen der typischen kleinen Laeden, die hier in der Vorstadt fast jede Strasse saeumen.. da gibt es wirklich fast ALLES! Egal was man braucht, aus irgendeiner Ecke wird es hervorgekramt. Momentan machen solche privaten "groceries" oder "general stores" unglaubliche 95% des Marktes aus, das heisst nur 5% aller Lebensmittel und Haushaltswaren werden in Shopping Malls oder Supermaerkten (="organised retail") umgesetzt! Bis 2015 soll dieser Anteil aber auf 18% steigen..
In den etwa 100 Jahre alten Stadtteilen, die sich weiter im Sueden befinden (z.B. Mahalaxmi), laesst sich schon heute sozusagen ein Strukturwandel beobachten. Eigentlich leben dort einfache Arbeiter, wie z.B. Waescher oder Stahlarbeiter und es gibt viele Muehlen und Handwerksbetriebe. Diese Viertel zeichnen sich durch kleine Haeuser aus und die Strassen sind sehr belebt und ueberall gibt es Maerkte und Tempel. Jedoch werden diese eingesessenen Bewohner von Immobilienmaklern, die grosse Flaechen an Land aufkaufen, aus ihren Haeusern vertrieben, weil die recht zentral gelegenen Gebiete "aufgewertet" werden sollen. Man merkt also, dass mehr moderne Gebaeude in den Himmel wachsen, Shopping Malls die Waeschereiviertel ersetzen und die ueberwiegend aus Maharasthra stammenden Bewohner notgedrungen in die aermeren, noerdlicheren Gebiete (wie z.B. Kandivali) ziehen muessen. Stattdessen ziehen wohlhabendere Menschen in die neuen Haeuser, viele Jains (historisch bedingt eher obere Gesellschaftsschicht) oder reiche Hindus aus Gujarat. Diese veraenderten Verhaeltnisse lassen sich ganz konkret feststellen, wenn z.B. vermehrt Gujarati im ehemals vom Marathi beherrschten Viertel gesprochen wird. Auch die Essverhaeltnisse der Bewohner aendern sich.. die einfachen Arbeiter essen viel Huhn, daher gab es immer viele Gefluegelhaendler (hier im Norden findet man die auch ueberall), die jetzt aber mehr und mehr verschwinden, da die Angehoerigen der oberen Kasten aus religioesen Gruenden kein Fleisch und keine Eier essen. In "Timeout Mumbai", einem tollen Magazin, das ich erst kuerzlich entdeckt habe, war ein Artikel darueber, dass Mumbai versucht, mit anderen Riesenstaedten wie New York, London oder Paris gleichzuziehen, was Exklusivitaet und Moderne und so betrifft und dabei aber mehr und mehr eine Zweiklassengesellschaft schafft. Im Sueden der Stadt wird modernisiert und die Infrastruktur verbessert, aber das kann nur auf Kosten der Aermeren passieren, da die Infrastruktur des Nordens durch die "Fluechtlinge" noch mehr belastet wird. Deutlich wird der Trend der sozialen Spaltung auch an den Preisen fuer die Vorortzuege.. die Tickets erster Klasse sind 10mal teurer als die der zweiten! Eine "maid" (Hausangestellte, die z.B. die Kueche und die Waesche macht) wird fuer ihre taegliche Arbeit mit 1000 Rupien im Monat (17 Euro) bezahlt, das entspricht zwei Abenden in einer angesagten Diskothek oder 4 Glaesern Bier in einer besseren Bar.. es gibt einfach riesige Unterschiede zwischen Arm und Reich hier.. zwar haben die meisten genug, um irgendwie zu ueberleben, sind damit aber gleichzeitig unendlich weit entfernt vom Leben und Luxus der Oberschicht.

Jewish Cemetery

Gestern war ich zum ersten Mal in meinem Leben auf einem juedischen Friedhof. Das Ganze kam so.. ich bin zum ersten Mal mit einem der Vorstadtzuege der Central Railways gefahren (normal fahr ich immer mit denen, die im Westen der Stadt verlaufen). Nahe der Station Chinchpokli (lustiger Name..) sah ich aus dem Fenster einen grossen, verwucherten Friedhof.. also stieg ich aus und suchte mir meinen Weg dorthin. Ich kam an einem Slumgebiet vorbei und machte auch Bilder von einigen Wellblechhuetten – wobei ich von einer Frau ueberrascht wurde, die mir lachend mit einer Plastikflasche auf den Allerwertesten schlug und mit dem Zeigefinger drohte. Schliesslich kam ich an ein grosses Tor mit einem Schild: “Jewish Cemetery”. Leider war das Tor verschlossen und nachdem ich vergeblich daran geruettelt hatte, wollte ich schon weitergehen. Doch direkt neben dem Tor war eine Huette, vor welcher ein Kaefig mit einem gruenen Papagei hing. Und unter dem Kaefig sass ein Junge, der “eek minute” (also “einen Moment”) zu mir sagte und irgendwas rief und dann oeffnete sich doch tatsaechlich das Tor und ich durfte mir den verwucherten Friedhof angucken :) Manche der Grabaufschriften waren sehr exotisch und als ich sie gelesen hab, kam ich mir so weit weg von daheim vor, wie bisher selten. Manche machen auch deutlich, zu welchem Mass sich hier in Indien und speziell natuerlich in einer grossen Hafen- und Handelsstadt wie Mumabi die unterschiedlichsten Kulturen vermischen.. zum Beispiel diese:

In ever loving memory of
Aadam Meyer Aadam
born in Baghdad
departed this life on
9th July 1954
aged 81 years.
Deeply mourned by his sorrowful children,
relatives & grandchildren.
May his soul rest in peace.
Amen.

Vicky im Sari!

NAMASTE! :)
(das ist bei uns auf der Terrasse..)

Diwali

Am Dienstag war wie gesagt Diwali. Es kann mit Weihnachten verglichen werden und die ueberall aufgehaengten Lichterketten waren sogar auch irgendwie .. weihnachtlich. Ausserdem ist der Feiertag ungefaehr genauso kommerzialisiert wie unserer.. was aber auch damit zusammenhaengt, dass Lakshmi, die Goettin des Reichtums, verehrt wird.
Wir haben um 19 Uhr Puja abgehalten, dazu wurden alle moeglichen Silbermuenzen mit Milch ueberschuettet und Lakshmi wurde symbolisch Essen angeboten. Ich fand das Ritual allerdings ziemlich oberflaechlich, da die ganzen Gesten alle irgendwie nur hohl ausgefuehrt wurden, Usha und Sharad sich nebenher sogar unterhalten haben und es an der Tuer geklingelt hat. Insgesamt war der Fernseher sowieso nur fuer 30 Minuten aus, weil Sharad direkt nach der Zeremonie die Liveuebertragung eines Cricketspiels weitergucken wollte.. da konnte gar keine Festtagsstimmung aufkommen. Das Fest ist zwar wichtig, aber wird gar nicht richtig von allen gefeiert. Viele mussten arbeiten, die ganzen kleinen Laeden und Kiosks bei uns in der Strasse hatten bis 23 Uhr auf und die Cricketspieler konnten den Abend offensichtlich auch nicht mir ihren Familien verbringen. Und bei mir hat sich halt auch keine Vorfreude auf das Fest entwickelt, weil ich es nicht traditionell gewohnt bin wie z.B. Weihnachten.. daher ist es wie gesagt ein bisschen an mir vorbeigegangen. Aber es gibt auch ein paar tolle Seiten.. das Essen beispielsweise :) Sehr lecker.. aber sehr schwer verdaulich. Und ausserdem werden vor alle Haeuser und auf die Strassen und in den Bueros und Supermaerkten auf den Boden bunte Mandalas und Symbole gemalt (auf dem Bild ist das vor unserer Tuer zu sehen) und die Lampions und Lichterketten sind auch schoen.

Nachts um 1 Uhr kam dann ein Bekannter der Familie, der sowas wie Priester von Beruf ist und nochmal eine einstuendige Puja abgehalten hat. Allerdings war er unter Zeitdruck, weil er seinen Zug erwischen musste, und hat das Ganze total hektisch abgezogen, allein wie schnell der geredet hat! Wie ein Rapper seine Lyrics hat der die Mantras runtergespult und somit das Ritual von eigentlich 2 Stunden auf 1 Stunde Dauer komprimiert! Naja..

Montag, 27. Oktober 2008

Haider, Sitars, Kulfi, Raj Thackeray.. Happy Diwali

Hallo werte Leser.. ich werde hier nun mal die eingegangenen Kommentare aeh..kommentieren. Und morgen kommt bestimmt ein Post (immer dienstags..? irgendwie schon..).
bzgl des indischen Tempeltanzes.. der ist wirklich sehr ungewohnt, aber der Rhythmus ist eigentlich recht vertraut, nur die Bewegungen sind..asiatischer :) die Musik ist toll, voll.. klimperig hihi.. mit Sitar und Trommel.. mag ich lieber als das moderne Bollywoodzeug, really. und ja, der Bharatnatyam erzaehlt eine Geschichte.. und es gibt 27 Hand-Mudras (also "Haltungen"), die dann, je nachdem wie man die Arme bewegt, viele Dinge bedeuten koennen.. zb die Stellung Kartarimukha (Schere) kann entweder das lockige Haar Shivas symbolisieren oder den Qualm einer Opferflamme etc.. des werd ich mir nieee alles merken koennen! ..am Wochenende hab ich unter nem krassen Muskelkater gelitten.. und ja, ich hab voraussichtlich Einzelunterricht, die naechsten 2 Wochen geht aber Aayu Sharma mit mir hin, weil die grad Ferien hat..
und hey Alex, wegen deiner unterpunkteten Klausuren.. mach dir keine zuuu grossen Sorgen, die meisten haben in den ersten paar bisschen "abgekackt", man muss sich doch immer erst an die Lehrer und Anforderungen gewoehnen.. :) wen hast du denn in Mathe?? vielleicht liegts ja einfach am Lehrer? :D
bzgl des Resochins (das ist uebrigens ein Medikament, das ich in Deutschland verschrieben bekommen hab, Andi..also es liegt nicht an minderwertiger indischer Qualitaet :) leider..).. es gibt kein weniger "krasses" Mittel und nachdem Mamas Zahnaerztin und Dr Sharma mir vom Konsum weiterer netter Tabletten abgeraten haben und ich das Zeug abgesetzt hab, gehts mir mittlerweile gut.. trotz einiger Restaurantbesuche! juhu!
Juli: Kulfirezept schon aufgeschrieben :) auch wenn ich mich leider vorerst dran ueberfressen hab.. aber des is echt toll und ich schreib auch ganz viele andere Dinge auf.. Dattelchutney und Linsensuppe und Milchreis mit Pistazien und Orangen und Kartoffelbaellchen und Tomaten-Erbsen-Gemuese.. und dass Joerg Haider tot ist hab ich auf der GMX-Startseite auch gelernt.. musste an Falco denken.. was den Raj Thackeray betrifft, ist er leider auf Kaution wieder auf freiem Fuss, obwohl er eigentlich schon im Januar auf Kaution aus U-Haft entlassen worden ist.. wie das jetzt funktioniert und einer doppelt auf Kaution (sogar fuer das gleiche Vergehen, naemlich hetzerische Reden und Anstiften von Aufstaenden) frei sein kann, ist mir schleierhaft.. bis morgen, alle zusammen! :) und.. HAPPY DIWALI AND A PROSPEROUS NEW YEAR, ENJOY SHOPPING.. (ach is des alles kommerziell hier.. genau wie Weihnachten.. sogar mit Lichterketten und manche haengen sich weissbaertige Coca-Cola-Weihnachtsmaenner an die Tuer)!

Dienstag, 21. Oktober 2008

die neusten Entwicklungen hier

Hallo! Es gibt viel zu erzaehlen..
Da ich zur Zeit (mal wieder) Ferien habe, diesmal wegen des naechste Woche stattfindenden Lichterfests (Diwali), verbring ich grad sehr viel Zeit bei meiner Yogalehrerin und deren Familie, am Samstag war ich den ganzen Tag mit denen unterwegs.. auf einem Yogaworkshop, danach essen in der Kantine der "Times of India" (einen riesigen Tali (also.. Teller mit Gemuese, Reis, Linsen und Rhotee) fuer 6 Cent!!) und dann waren wir noch bei Freunden der Sharmas (so heisst meine Yogalehrerin), wo extra fuer mich was Europaeisches gekocht wurde und ich anschliessend mit zwei Megaportionen Kulfi (indisches Eis ohne Eier und mit tollen Geschmacksrichtungen.. Safran, Rose..) gemaestet wurde. Am naechsten Tag war ich dann leider mal wieder sehr krank.. es ist so zum Verzweifeln, ich bin richtig deprimiert, egal ob ich mit dem essen aufpass oder nicht, 1mal die Woche werd ich krank.. aaaber gestern erreichte mich ein Anruf vom werten Herrn C.S., der mich so uuuuunendlich erleichtert hat!! Er meinte naemlich, dass sein Arzt ihm davon abraet, das Malariaprophylaxe-Mittel Resochin einzunehmen, aufgrund der starken Nebenwirkungen.. neben einer haeufig auftretenden Netzhauttruebung mit Gesichtsfeldausfaellen (ja aber hallo, da kommt Freude auf!!) kommt es zu (ich zitiere die Packungsbeilage) "Stoerungen des Magen-Darm-Traktes wie Appetitlosigkeit (ja), Magenschmerzen (ja), Uebelkeit (ja), Erbrechen (ja), und Durchfaelle mit Gewichtsverlust (ja)." Die Tatsache, dass ich meistens mittwochs (also an dem Tag, an dem ich Resochin schlucke) oder donnerstags krank geworden bin, macht mir Hoffnung, dass ich nach Abesetzen dieses Zeugs vielleicht endlich wieder froehlich leben kann! :)
Gestern war ich mit Aayu Sharma, der Tochter der Yogalehrerin, bei dieser Freundin der Familie (ihr Name ist Pratiksha), die eine bekannte Taenzerin ist. Bei der werd ich jetzt 3mal die Woche Unterricht haben und die erste Stunde war richtig toll, des macht voll Spass.. der Stil heisst Bharatnatyam und stammt aus Suedindien, Tamil Nadu. Zuerst haben wir ein paar Grundschritte gelernt (der Muskelkater muesste bald einsetzen) und den Namaskar, das ist eine traditionelle Begruessung.. man holt damit den Segen der Goetter, dem Guruji (Lehrer) und vom Publikum zu Beginn einer Darbietung ein und fragt Mutter Erde sozusagen um Erlaubnis, auf ihr "stampfen" zu duerfen.. sehr cool :) zu sehen ist der Namaskar hier. Das eigentliche Tanzen ist dann sehr.. stampfig, ein bisschen wie steppen. Dazu traegt man Fussketten mit Glocken.. des is echt richtig toll :)
Damit leite ich jetzt mal zu einem anderen Thema ueber.. also, der Tanz hat in Indien eine sehr religioese Dimension, so gut wie alle Tanzstile dienen der Verehrung der Goetter.. auf dem Kala Ghoda Festival, das ich besucht habe, gab es zB einen Tanz zu Ehren des Gottes der Richtungen und einen fuer Rama und einen fuer Shiva.. naja, irgendwie macht das, finde ich, deutlich, was fuer eine Rolle die Religion hier spielt.. auch Popsongs, die sich im westlichen Kulturkreis wahrscheinlich zu 90% um Liebe und Liebeskummer etc. drehen, haben hier oft Religion zum Thema! Da gibt es HipHop-Remixe von "Hare Krishna, Hare Ram" und "Om Shantih Om" (also ein Mantra).. und ich hab halt irgendwie ueberlegt, und das auch mit Dr. Sharma diskutiert, ob dieses Verbannen von Themen wie Liebe und Sex aus allen Bereichen des Lebens, inklusive Kunst und Film, teilweise dazu fuehren koennte, dass es hier, wegen dieser verklemmten Einstellung und Sexmoral, weitaus haeufiger zu "sexuellen Belaestigungen" kommt, als bei uns. Ich wurde hier schon 4mal mehr oder weniger "Opfer" irgendwelcher aufdringlichen Menschen und hab schon einige dumme Anmachen erlebt und Dr. Sharma hat mir erzaehlt, dass sie frueher immer einen Regenschirm zur Selbstverteidigung dabeihatte.. ich mein, in einem Land wo Kussszenen im Fernsehen undenkbar sind und sogar Haendchenhalten in der Oeffentlichkeit nicht schicklich ist, braucht man sich nicht wundern, dass manche Leute oefters mal durchdrehen.. keine Ahnung, ist so meine Vermutung.
Wo wir grad beim Thema sind.. heut war wieder ein grosser Artikel ueber die aktuelle Diskussion ueber Homosexualitaet in der Zeitung. Das Delhi High Court und die indische Zentralregierung streiten ueber die Legalisierung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen: "The government claimed: Gay sex is immoral and a reflection of a perverse mind and its decriminalisation would lead to moral degradation of society. Homosexuality is a social vice and the state has the power to contain it. If it was allowed then the evils of AIDS and HIV would spread and harm the people. It would degrade moral values of society. Gay sex is against the order of the nature. Legalising homosexuality would further divide the country. People on the streets would start indulging in such practises saying that the high court has given approval for it." Sehr krass.. die Regierung hat sogar verschiedene religioese Texte zitiert, um ihre Behauptungen zu "belegen", diese wurden allerdings vom Gericht mit dem Hinweis auf die Saekularitaet Indiens abgewiesen..
So, und heute bin ich mal wieder ans Haus gefesselt.. Grund: Heute morgen wurde Raj Thackeray, der Fuehrer der nationalistischen Partei MNS (Maharashtra Navnirman Sena), festgenommen und jetzt kommt im Fernsehen ein Brennpunkt nach dem anderen, mit Bildern von brennenden Bushaltestellen und eingeschlagenen Schaufenstern.. die Strassen sind sogar hier in Charkop geradezu "ausgestorben" fuer Mumbai-Verhaeltnisse.. kaum Rikshas und Taxis unterwegs, die meisten Laeden geschlossen, selbst das Internetcafe hat den Rollladen halb unten, um im Notfall sofort dichtmachen zu koennen. Hintergrund sind gewaltvolle Uebergriffe der MNS-Mitglieder auf Nordinder, die gestern nach Mumbai gekommen sind, um sich fuer Jobs bei der Bahn zu bewerben, die hier ausgeschrieben sind.. und diese Nationalisten wollen, dass die Jobs nur fuer Buerger Maharashtras reserviert werden. Dahinter steckt natuerlich das Bestreben, Waehler zu gewinnen, welche aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten (Inflation und daraus resultierende Teurung, dauernde Stromausfaelle etc) verunsichert sind und zu extremen Ansichten neigen. Und eine Folge dieser Uebergriffe, die nicht die ersten ihrer Art sind, ist jetzt, dass vor allem die Menschen, die aus Nordindien (Bihar und Uttar Pradesh, den beiden aermsten Bundesstaaten) kommen, Angst vor mehr Gewalt haben. Und da vor allem die Riksha- und Taxifahrer aus dem Norden stammen, sind die Strassen sehr sehr leer. Echt.. krass hier! Das Leben in Indien ist nicht langweilig..

Dienstag, 14. Oktober 2008

die wundersame Frau vom Bau

Das ist die gar wundersame Geschichte von der beeindruckenden Frau vom Bau. Vor einigen Wochen sprach mich, als ich mich gerade auf dem Weg zur Schule befand, eine Frau auf Englisch an. Es war eine der in der Naehe der Schule arbeitenden Bauarbeiterinnen.. das sind Sari-tragende, duenne, braungebrannte Frauen, die Wannen voller Zement oder Ziegeln auf ihren Koepfen balancieren. Und diese Frau, vielleicht Mitte 20, sprach mich mit nem nahezu perfekten Englisch an, ihr Sprachniveau ist wirklich besser als das von Bhavna oder Vidya! Sie meinte, sie haette den Plan auszuwandern und arbeite hart, um Geld zu verdienen.. dann hat sie mir ganz stolz ihren Ehemann gezeigt (der auch als Bauarbeiter arbeitete und gerade in einem Kanalisationsrohr stand) und erzaehlte mir, dass er Christ sei und sie Hindu und "love marriage" (darauf sind hier alle immer so stolz..). Wir haben uns noch ein paarmal gesehen und gegruesst, aber eines Tages war die Baustelle leider verschwunden. Heute war ich in Gorai (Stadtteil neben Charkop), wo ich eine Tanzschule fuer traditionellen indischen Tanz gesucht hab (Anmeldung und naehere Informationen nur am Wochenende.. aber klingt interessant) und hab sie dort auf der Strasse wiedergetroffen! Ich hab ihr hallo gesagt und sie hat sich voll gefreut (und ich mich auch.. ist glaub ich das erste Mal, dass ich in dieser Stadt jemand GETROFFEN hab) und mir gleich ein Vada-Pav (Broetchen mit Kartoffelbrei, Zwiebeln und Chilli) in die Hand gedrueckt, das ich leider ablehnen musste, da ich ja nichts auf der Strasse essen darf :( Sie wollte mir dann unbedingt ihre Adresse geben, dass ich sie besuchen komme.. allerdings musste sie einen vorbeilaufenden Jungen bitten, die Adresse aufzuschreiben - denn sie ist Analphabetin!! Unglaublich! Bei dem Englisch! Jedenfalls war das ein extrem cooles Erlebnis :)

Mahalaxmi Dhobi Ghats


Die Mahalaxmi Dhobi Ghats sind sozusagen das Waeschereiviertel Mumbais. Es befindet sich in Staatsbesitz und am Eingang haengt ein Schild, dass Fotografierverbot herrscht.. aber ich kenn mich mittlerweile mit den indischen Gepflogenheiten aus! Gleich nachdem ich das Viertel betreten hatte, behaupteten zwei kleine Jungs, ich muesste ihnen 100 Rupien Eintrittsgebuehr zahlen. Da ich davon jedoch nichts gesehen hatte und in meinem Reisefuehrer auch nichts davon steht, tat ich einfach selbstsicher und schuettelte laechelnd den Kopf - so lange bis sie auch lachend nachgaben und sich verzogen. Wenig spaeter wollte einer erneut 100 Rupien von mir haben, um mir somit eine Fotografiererlaubnis zu erteilen.. der sah allerdings nicht gerade wie ein Regierungsbeamter aus, sondern eher wie einer der Waescher. Daher drueckte ich ihm nur 30 Rupien in die Hand, womit er zufrieden war.. man darf nur nicht immer in die Vollen gehen! Jedenfalls konnte ich dann ziemlich gute Fotos und Videos machen, einer der Waescher wollte unbedingt, dass ich seine Soehne fotografier und ein anderer konnte sogar Englisch. Mit dem unterhielt ich mich ein bisschen.. die Kleidung, die in den Dhobi Ghats gewaschen wird, kommt sowohl von Privatleuten als auch von Unternehmen wie z.B. den Western Railways (indisches Pendant zur Deutschen Bahn), die ihre Bettlaken hierherbringen. Pro Waeschestueck verdient man 5 Rupien, was anscheinend zu einem Tagesverdienst von 150 Rupien fuehrt.. Also, es war jedenfalls sehr interessant da und auch im angrenzenden muslimischen Viertel und ich bin froh, dass ich dort hingegangen bin, obwohl Sharad mal wieder meinte "Don't go there, there's nothing to see."

Freitag, 10. Oktober 2008

das Kasten-System wie ich es wahrnehme

Heute wage ich mich mal daran, zu beschreiben, wie ich das Kasten-System so wahrnehme.. richtig verstanden hab ich's nicht und ich krieg irgendwie auch keine genaue Auskunft.. aber ich kann ja mal erklaeren, wie ich es bisher begreife.
Also, es gibt 4 Varnas (was eigentlich "Farben" heisst): Brahmanen (also Priester), Kshatriyas (Krieger), Vaishyas (Kaufleute), Shudras (Handwerker und Bauern) und darunter die Kastenlosen, die Parias. Die einzelnen Kasten unterscheiden sich in Jatis, das sind genauere Aufgliederungen nach Berufsgruppen. Laut Vidya und Bhavna (meinen Mit-Lehrerinnen) spielen die Kasten in Grossstaedten wie z.B. Mumbai im Alltag nicht mehr soo grosse Rollen, weil es z.B. schwer moeglich ist, sein Essen nur innerhalb einer Kaste einzunehmen, wenn man in ein Restaurant geht. Auch im Beruf kommt man mit Angehoerigen anderer Kasten zusammen.. trotzdem ist das Kastenwesen nach wie vor wichtig. zB koennte Bhavna niemals einen Arzt aus Delhi heiraten (so einer hat ihr gestern anscheinend einen Heiratsantrag gemacht, obwohl sie ihn gar nicht kennt, oder sowas), weil er aus einer anderen Kaste kommt. im Allgemeinen kann sie nur Leute aus Maharasthra, Gujarat oder Rajasthan heiraten (3 aneinandergrenzende Bundesstaaten), weil alle anderen Staaten komplett andere Kastensysteme haben. Voll die merkwuerdigen Beschraenkungen.. ach ja, es gibt uebrigens auch noch spezielle Kasten fuer andere Glaubensrichtungen. zB existiert eine Kaste "muslimische Strassenkehrer" parallel zur Kaste "hinduistische Strassenkehrer".
Mir selbst ist eine Unterteilung der Gesellschaft im Alltag auch schon aufgefallen. Im Allgemeinen ist die indische Bevoelkerung sehr multikulti und pluralistisch.. aber die einzelnen Ethnien und Religionen vermischen sich nicht, sondern grenzen sich voneinander ab, zB durch gleiche Kleidung (da gibt es sozusagen strenge Regeln) innerhalb einer Gruppe. Bei den Hindus sieht man zB, dass die dunkleren traditioneller gekleidet sind, mehr goldenen Schmuck tragen und auch asiatischere Gesichtszuege haben, sie sind tendenziell aermer und niedriger gestellt, leben vorzugsweise in Slums. Die hellerhaeutigen haben "europaeischere" Gesichter, sind groesser und meistens auch dicker, weil durchschnittlich wohlhabender, sie stellen 100 % der Gruppe "moderne, westlich orientierte und gekleidete, beruflich erfolgreiche, junge Grossstadtbevoelkerung".. jedenfalls ist das meine Wahrnehmung. Hindus schicken ihre Kinder auch nicht auf die gleichen Schulen wie Muslime, welche wiederum in eigenen Vierteln leben, sie haben eigene Basare, Urdu-Schulen, Laeden.. und kleiden sich auch charakteristisch, die Maenner tragen Bart und Muetze, die Frauen sind (meist) verschleiert. In christlichen Vierteln sehen die Frauen aus wie Bewohner konservativer portugiesischer Staedtchen.. Rock und Bluse im Blumenmuster, Sandalen und Kurzhaarfrisur, die grauen Haare in Dauerwelle oder tupiert. Alles in allem ist es echt erstaunlich, welche gut differenzierbaren, klischeemaessigen Gruppen sich ausmachen lassen.. vor allem kommt es tatsaechlich auf Gesichtsform und Hautfarbe an. Heute war ich zB in einem teuren Einkaufszentrum und da waren alle etwa vom Hauttyp wie ich oder leicht dunkler.. das ist total auffaellig. Auf dem Foto koennt ihr Vidya und Bhavna (links) sehen, die sich mit einem Regenschirm vor der Sonne schuetzen, damit sie nicht braeunen.. das gilt naemlich als aeusserst unschick.
Ansonsten hoert man ja immer, dass Indien ein erstaunlich ruhiges und friedliches Land ist, zieht man die Vielzahl an unterschiedlichen Bevoelkerungsgruppen und Religionen und das Mass der sozialen Ungleichheit in Betracht. Das kann ich allerdings nicht ganz nachvollziehen.. ruhig scheint mir dieses Land nicht gerade. Jede Woche finden in irgendwelchen Staedten Bombenanschlaege muslimischer Fundamentalisten statt, die anscheinend zu einem Jihad aufrufen wollen und von pakistanischen Terroristen unterstuetzt werden. In Suedindien weden seit 3 Wochen fast jede Nacht christliche Kirchen niedergebrannt und christliche Familien aus ihren Haeusern vertrieben und in besonders rueckstaendigen Provinzgegenden in Nordindien kommt es zu Ehrenmorden, wenn der Sohn der Familie sich verbotenerweise mit einer Angehoerigen aus einer niedrigeren Kaste einlaesst. Ausserdem ist zB die Meinung, die Hindus im Allgemeinen von Muslimen haben, nicht gerade gut, was wahrscheinlich mit dieser Ghettoisierung der einzelnen Religionen zusammenhaengt. Ich war jedenfalls vor 2 Wochen mit Ushas kleinen Nichten im Park und wir wurden von merkwuerdig unfreundlich-aufdringlichen muslimischen Kindern verfolgt.. woraufhin Muskan (8 Jahre) meinte: "Don't talk to those Muslims. They are all crazy, they got no sense.. they only do bomb blasts!" Erstaunliche Sichtweise fuer eine 8jaehrige, die sich wahrscheinlich nicht von selbst diese Meinung gebildet hat. Einmal meinte ich zu Sharad "Today I looked around Jogeshwari, near the station.. it is a Muslim area, right? It looked quite run-down.." und er meinte "Don't go there, I don't like Muslims." Klare Aussage.

Donnerstag, 9. Oktober 2008

Navratri

Gestern Abend war der Hoehepunkt der neuntaegigen Durga-Puja-Feierlichkeiten, genannt Navratri (Sanskrit fuer "Neun Tage"). Durga ist eine der Inkarnationen von Devi, der obersten Goettin.. ich versteh leider selber nicht ganz, welche Goettinnen Devi-Formen sind, aber es sind viele.. Durga ist jedenfalls eine 10armige, loewenreitende Bekaempferin verschiedener Daemonen und die Mutter Ganeshs. Und gestern Abend war zu ihren Ehren ein grosses Tanzfest, auf den Strassen und auf Festplaetzen haben die Leute zusammen getanzt, das sah total toll aus und ich haett voll gern mitgemacht.. naja, zugucken war auch gut. Auf einem Sportplatz in der Naehe unseres Hauses waren mindestens 400 Leute versammelt und haben im Kreis getanzt.. und auch in den Hinterhoefen vieler Haeuser waren kleinere Versammlungen (siehe Foto).

Montag, 6. Oktober 2008

Warten in Bhavnagar


mit der alten Frau hab ich auf den Zug gewartet.. man beachte die Taetowierungen (auch in Hindi: Tattoo), die hier viele aeltere Frauen tragen.. hat glaub ich was mit Heilpraktiken zu tun, jedenfalls hab ich das so verstanden.. (grr regt mich das auf, dass das Bild unscharf ist.. hat mich voll die Ueberwindung gekostet, die zu fragen, ob ich sie fotografieren darf.. sie hat freundlich genickt..)

High Noon


ich find, die Stadt hatte stark was vom Wilden Westen.. war auch so staubig.. im allgemeinen scheint das Leben in der "Provinz" sehr traege zu sein.. viele Leute sitzen einfach irgendwo im Schatten (und tun es den Kuehen gleich) und die Ladenbesitzer haengen auch groesstenteils untaetig rum.. laeuft halt alles sehr gemaehchlich.. ich kann mir auch irgendwie gar nicht vorstellen, wie sich so ein Leben anfuehlt..also was so die Hoffnungen und Perspektiven der Leute sind.. irgendwie ist mir das echt total fremd. die haben ja nicht mal den selben Wochenrhythmus wie wir, den Sonntag kennt man hier eigentlich nicht.. das heisst, die freuen sich nicht mal aufs Wochenende..

Kuehe waehrend der Siesta

die haben alle sehr gewaltige Hoerner..

absolut abartig..

Dieses Foto konnte ich euch leider nicht vorenthalten.. mein "Badezimmer" (die Dusche befindet sich im Bild!!), das genauso roch, wie es aussah.. wuerg. Aber gut, fuer einen Preis von 2 Euro die Nacht kann man vielleicht nicht unbedingt mehr erwarten. Andererseits hatte ich sogar einen Fernseher im Zimmer (!?!?)...

spirituelle Einsamkeit, sozusagen

da war ich ganz allein, war schon ziemlich toll, keine Touristen, keine Pilger, nur ich.. uebrigens trage ich meinen neuen Salwaar Kameez, hab ich mir beim Schneider machen lassen.. Kostenpunkt (Stoff und stitching): 4 Euro.. die Farben sind keinesfalls als clownmaessig anzusehen, oder gar mit einem Zirkuszelt zu vergleichen, sondern ueberaus alltaeglich.. auch wenn ich mir manchmal vorkomm, als haett ich nen Schlafanzug an, ist es doch irgendwie angenehm, keine kurzen T-Shirts zu tragen.. ich hab jedenfalls das Gefuehl, so wenigstens etwas weniger Aufmerksamkeit zu erregen..

ein Wirrwarr aus Tempeln

anscheinend gab es da eine Anordnung aus 9 Haupttempeln.. ich konnte da leider nichts ausmachen.. aber war trotzdem sehr toll, weil man ueberall rumklettern konnte, auf die Daecher der Tempel und so, und da dann immer einen Ausblick auf die ganzen Tuermchen hatte..

Marmorelefant


von denen wimmelte es da oben..

meine Reise nach Palitana


So, nach einer langen Phase der Abstinenz melde ich mich zurueck :) Die letzten vier Tage habe ich ja mit reisen zugebracht und irgendwie hab ich so viel erlebt und gesehen, dass ich grad gar nicht recht weiss, wie ich das alles gliedern soll. Deshalb fang ich einfach mal chronologisch an..
Donnerstagabend fuhr ich mit dem Bus nach Borivali zum Bahnhof.. mir war sehr schlecht vor Aufregung und Angst, da ich nicht wusste, wie ich mir eine Zugfahrt in Indien vorstellen sollte und die Dunkelheit und die Ungewissheit, wie und wo ich in den naechsten Tagen leben wuerde.. also, wenn man so allein reist, belastet einen das irgendwie, selbst als vielgereisten Backpacker :) Als ich dann aber in meinem Bettchen lag, haette ich vor Erleichterung am liebsten gelacht.. Nachtzuege sind so richtig toll hier! Ich hatte eine kleine eigene Koje, mit Vorhaengen vom Gang abgetrennt, und ein Fenster, aus dem ich im Liegen rausgucken konnte.. so schwebte ich durch die Nacht, vorbei an vereinzelten Lichtern und Provinzbahnhoefen, wurde langsam in den Schlaf geschaukelt und war ganz entspannt, weil alle Betten um mich rum von kinderreichen Familien und Rentnern belegt waren.
Als ich am naechsten Morgen erwachte, sah ich ein neues Indien.. das Verlassen der Grossstadt war eigentlich wie eine Reise in ein neues Land. Ich war total baff und starrte erst mal nur aus dem Fenster.. eine weite Steppenlandschaft mit Bueschen und vereinzelten Wasserloechern und Palmenhainen, Hirten mit ihren Kuh-, Schaf- und Ziegenherden, Doerfer und Tempel, die durch Schotterpisten verbunden sind, auf denen nur Rikshas, Motorraeder und vereinzelte Lastwagen unterwegs sind – alles ganz anders als in Mumbai, eben sehr laendlich. Da wunderte es mich auch nicht mehr so sehr, dass es echt noch Doerfer ohne jeglichen Stromanschluss gibt.
Die Familie, die die Betten in meinem Abteil belegte, war sehr nett und der Familienvater rief extra einen ehemaligen Nachbar seiner Eltern an, der Bahnhofsvorsteher in Bhanvnagar (mein Zielbahnhof) war, damit dieser meine weiteren Reisemoeglichkeiten ermitteln sollte. Als ich in Bhavnagar ankam, wartete ich am Bahnhof eine halbe Stunde auf einen Bus und fuehlte mich in der Zeit sehr unwohl, weil ich noch viel mehr angestarrt wurde als je zuvor.. wahrscheinlich, weil westlich gekleidete und vor allem echte Auslaender dort noch seltener sind, als in Mumbai. Dann kam der Bus und ich machte eine unschoene Erfahrung.. alle draengelten sich rein und als ich einstieg, waren kaum noch Plaetze frei.. hinten sassen nur Maenner und vorne auch einige Frauen, also wollte ich mich auf den letzten freien Platz in der ersten Reihe setzen.. netterweise wurde mir das leider verweigert.. da fuehlte ich mich schon ganz toll, als ich mich dann mit meinem Gepaeck unter allgemeinem Starren nach hinten gekaempft hatte, sah ich einen freien Einzelplatz. Zwar dachte ich mir schon, dass der fuer den Kartenkontrolleur reserviert sei, aber nachdem ich mich fragend umgeguckt und einige laechelnd genickt hatten, hab ich mich hingesetzt – danach lachten alle noch viel mehr. Ach wie ueberaus lustig!! Kurz darauf wurde ich vom Kontrolleur verscheucht und quetschte mich zu irgendwelchen Typen in die hintere Bank.. ich musste in dem Moment mit den Traenen kaempfen.. des is echt ein beschissenes Gefuehl, irgendwie den ganzen Bus “gegen” sich zu haben.. und ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Inder, der nicht in der Lage ist, sich verstaendlich zu machen, in Deutschland in so eine Situation kommen koennte, wo ihm 40 Leute dabei zusehen, wie er sich zum Affen macht. Naja, ich wollte denen jedenfalls nicht die Genugtuung geben, mich weinen zu sehen..
Nach 2 Stunden im anscheinend ungefederten Bus kamen wir in Palitana an. Das Gefuehl war dort noch viel schlimmer, ich wurde von JEDEM maennlichen Wesen mit “hi, hello, madam, come on, bye bye” oder sonstwas angelabert und alle alle alle haben mich angestarrt.. des ist sowas von unglaublich unangenehm!! Noch schlimmer wurde es dann, als ich mein Zimmer im einzigen Hotel in der ganzen Stadt in Augenschein nahm.. muffige, benutzte Decken und Kissen, das Klo ein ALPTRAUM und der Feinrippunterhemd tragende Vermieter machte keinen Hehl daraus, dass er sich 2 Minuten vor meiner Ankunft von einem Mittagsschlaf auf meinem Bett erhoben hatte.. lecker. Ich kaufte mir erstmal etwas zu essen.. Toastbrot.. nachdem ich 3 Scheiben gegessen hatte, stiess ich auf Schimmel (wie sich spaeter herausstellte, war jede einzelne Packung in der ganzen Stadt verschimmelt! Vielleicht eine oertliche Spezialitaet oder die kennen es nicht anders.. fuer mich hiess das jedenfalls: ich ernaehrte mich die ganzen 4 Tage lang nur von Aepfeln, Bananen und Keksen).. alles in allem hing mir Palitana zu dem Zeitpunkt sehr zum Hals raus. Zwar machte ich abends bei einem Stadtrundgang einige tolle Entdeckungen wie z.B. einen Gemuesemarkt und wurde von freundlichen Muslimen dazu eingeladen, an einer Zeremonie in einer Moschee teilzunehmen, aber mir war schlecht beim Gedanken, 2 Naechte in meinem widerlichen Zimmer zubringen zu muessen. Irgendwie verging die erste Nacht dann aber doch, obwohl ich jede Stunde einmal aufwachte..
Am naechsten Morgen machte ich mich daran, den Shatrunjaya (“Sieg ueber den Feind”), zu dessen Fuss Palitana gelegen ist, zu erklimmen. Das ist eine 600 Meter hohe Erhebung im sonst sehr flachen Umland und einer der 4 heiligen Berge der Jains, auf dessen Spitze sich 836 Tempel befinden. Die ersten sollen im 4. Jahrhundert n. Chr. errichtet worden sein, wurden aber im Laufe der Geschichte von muslimischen Eroberern zerstoert. Die aeltesten heute noch existenten Tempel stammen aus dem 12. Jahrhundert. Um diese Pilgerstaette zu erreichen, muss man 3000 Stufen erklimmen, 3500 Meter zuruecklegen und dabei 600 Hoehenmeter ueberwinden. Das mag nicht so schrecklich anstrengend klingen, ist es aber, wenn man die Hitze und die Sonne miteinbezieht.. ich war nach den ersten 500 Stufen schon nassgeschwitzt und konnte nur unglaeubig den Kopf schuetteln, als 2 weisshaarige, faltige Maenner mit komplett schweissgetraenkten Hemden einen wahrscheinlich 100 Kilo schweren “Pilger” in einem Holzthron die Stufen hochschleppten.. der Service (Auf- und Abstieg) kostet 300 Rupien, 5 Euro. Ich stieg jedoch zu Fuss auf und brauchte fuer die Strecke 1,5 Stunden. Auf dem Bild ist ein Ausschnitt des Weges zu sehen.. einer der wenigen Abschnitte ohne Treppenstufen.. in einiger Entfernung der Tempelberg. Unterwegs begegnete ich unzaehligen Kuehen und einer fetten schwarzen Schlange und gruenen Papageien, die nach Wilhelma aussahen.
Die Tempel selbst waren huebsch, aber das Gewirr aus Tuermen und Gaengen sehr unuebersichtlich. Tollerweise waren kaum Pilger da und ich war teilweise ganz allein auf meiner Tour.. Ich traf auch auf eine Gruppe von Moenchen, die mich dazu aufforderten (!), ein Foto von ihnen zu machen.. Nach dem Abstieg zitterten meine Beine und ich hatte einen Sonnenbrand im Nacken, aber ich war zufrieden mit mir :) abends schlief ich dann auch ziemlich schnell ein.. trotz stinkender Decken und gruseliger Stadt..
Am naechsten Morgen erwachte ich um 5 Uhr, da eine WIDERLICHE Wanze in meinem Gesicht rumkrabbelte.. das Hotel war schlimmer als alles, was ich mir jemals vorgestellt haette! Geradezu fluchtartig brach ich recht frueh auf und fuhr zurueck nach Bhavnagar, wo ich dringend ein Internetcafe benoetigte, um meine Rueckfahrkarte zu confirmen.. da alle Rikshafahrer, die ich nach einem solchen Etablissement fragte, noch nie etwas vom Internet gehoert hatten (.. unglaublich), fuhr ich in einer wahren Odyssee von einem Stadtteil in den naechsten.. der Fahrer fragte einige Menschen am Strassenrand, schleifte mich in Banken, wo ich auf Englisch mit den Angstellten kommunizieren konnte, diskutierte mit denen herum, nickte dann jedesmal wissend und fuhr doch wieder in eine voellig falsche Gegend.. zuletzt wurde ich von einem mitleidigen Menschen in ein Versicherungsbuero gefuehrt, wo ich mal an einen Computer durfte. Ahhhh..
Danach schaute ich mich in der Altstadt um, die 1723 gegruendet wurde. Dort boten sich wirklich richtig gute Fotomotive vom Leben auf dem Lande.. jedoch wurden die Strassen mit fortschreitender Stunde immer ausgestorbener, da sich die meisten zur Siesta in ihre Haeuser zurueckzogen und so erinnerten mich die staubigen Gassen sehr an eine Mischung aus einem rumaenischen Dorf und dem Wilden Westen um High Noon.. Irgendwann wurde ich von einem Mann gewarnt, ich sole hier nicht alleine rumlaufen, dies sei keine sichere Gegend.. ich schlug seinen Ratschlag in den Wind und lief weiter, woraufhin ich gleich von ein paar merkwueridgen Gestalten angelabert wurde, die mir Geld anboten.. aehm.. ja.. daraufhin kehrte ich schnellstmoeglich zum Bahnhof zurueck, wo ich dann noch stundenlang auf meinen Zug warten musste.
Die Fahrt nach Hause war wieder sehr angenehm und als ich heute Morgen aufwachte, hatte ich wieder einen tollen Ausblick direkt aus dem Bett raus, echt cool. Mitten in der Einoede sah ich 3 Jungs in Schuluniform durch ein Reisfeld zur Schule laufen und Fischer in ihren Booten nach Hause fahren..
Und jetzt gerade verspuere ich eine grosse Vorfreude beim Gedanken an ein Abendessen, da ich mich in den letzten Tagen wie gesagt nicht gerade abwechslungsreich ernaehren konnte.. auch eine Nacht in einem wohlriechenden Bett wird sehr nach meinem Geschmack sein :)