Dienstag, 27. Juli 2010

eine kleine Anamnese

Immer wieder erreichen mich besorgte Fragen aus den Kreisen meiner geschätzten Leserschaft, wie es mir denn gesundheitlich gehe und auch wie es um meine französische Genossin bestellt sei. Hiermit nun sollen alle Sorgen aus der Welt geräumt werden – denn obwohl uns tatsächlich ein Schicksalsschlag nach dem nächsten erreilt, uns wahrlich nichts erspart bleibt.. wissen wir uns zu helfen!
Alles nahm seinen Lauf am letzten Freitag.. Sanyat hatte uns nach Noida, in den Osten der Stadt geleitet, zur überdimensionalen Great India Mall. Dort spazierten wir ein wenig im AC-Klima herum.. die Läden interessierten uns aufgrund gesteigerter Preisklasse eher wenig. Dann speisten wir Punjabi Food (Kabab.. das ist frittiertes Käse-Gemüse-Gemisch..oder auch frittiertes Fleisch). Anschließend wollte Sanyat unbedingt Pani Puri mit uns essen.. das ist ein Snack, bestehend aus einem hohlen frittierten Teigbällchen, das eingedrückt und dann mit einer sehr scharfen Sauce und Kartoffelbrei gefüllt wird. Es macht wirklich Spaß, das zu essen – man bekommt im 2-Sekunden-Takt die Bällchen vom Pani-Puri-Wallah gereicht und muss sie mit einem Happs in seinen Mund stecken.. Amélie hatte als Anfänger natürlich gewisse Geschwindigkeitsprobleme :) aufgrund der enormen Brennstärke dieser Bällchen begaben wir uns direkten Weges zu einem Sweets-Wallah und tranken Sweet Lassi.. der beste Lassi meines Lebens! So cremig.. und mindestens 500 ml davon! Alles in allem also.. eiiiiniges konsumiert. So erfreut und gefüllt begaben wir uns auf den Heimweg.. per Metro. Nach kaum zwei Stationen erkundigte sich Sanyat bei Amélie, ob es ihr gut gehe.. sie schüttelte den Kopf.. ich stieß sie durch die sich gerade schließende Tür auf den Bahnsteig.. wo sie sich in eine geistesgegenwärtig hevorgerissene Plastiktüte übergeben musste. Der Lassi war wirklich zuviel des Guten. Eine gewisse Schwierigkeit stellte auch die Entsorgung dieser delikat gefüllten Tüte dar.. zwar ist die Metro überall supersauber, da liegt echt nichts rum.. aber Mülleimer gibt es auch nicht. Ich wanderte durch die großen Hallen.. und gelangte schließlich zu einem großen Customer Care Center. Dort fragte ich an, ob man einen Mülleimer besitze. Der Typ bedeutete mir, die Tüte in eine Ecke zu legen. Ich jedoch verneinte höflich, dies sei mir unmöglich. Daraufhin wollte der besorgte Beamte einen Blick in meine Tüte werfen, welchen ich auch wohlwollend gewährte. Mit verzogenen Mundwinkeln winkte er daraufhin einen Untergebenen heran und wies diesen zur Entsorgung an.. er ließ ihn die Tüte kurzerhand aus einem Fenster werfen!
Ein Gebrechen, das ich meinerseits seit Tagen mit mir rumschleppte, waren unfassbare Halsschmerzen.. ich vermute, dass ich nicht an die nachts laufenden Ventilatoren gewöhnt war. Jedenfalls konnte ich am Sonntag absolut nichts essen und kaum trinken und stellte bei einer Selbstdiagnose vor dem Spiegel fest, dass meine Mandeln sehr stark angeschwollen und entzündet waren. Daher suchte ich am nächsten Tag einen Arzt auf.. einen 70jährigen Hindu, der neben einigen Amuletts und Silberarmreifen auch ein Nike-Schweißband und einen roten Punkt auf der Stirn trug. Er erklärte mir in bestem Englisch zunächst einige seiner Lebensphilosophien, warf dann einen Blick in meinen Mund und meinte „that’s the worst throat I’ve ever seen.. how can you swallow?“ Dann verschrieb er mir Antibiotikum.. jedoch nicht nur! Auch eine bestimmte Paste, gewonnen aus einem roten Pilz, you can call him the king of spices, sollte ich auftragen. Diese Paste helfe darüberhinaus gegen müde Füße, Migräne, Entzündungen und.. are you married? no? well.. if you ever got a problem in the sex life.. jaja :) hab dann noch Rotpilzzahnpasta und Rotpilzinstantkaffee mit auf den Weg bekommen und wanderte heim. Amélie berichtete ich freudenstrahlend, ich habe einen Wunderheiler gefunden.
Als ich am nächsten Tag heimkehrte, fand ich sie auf dem Sofa vor, wo sie die Entzündungen an ihren Knien (wir vermuten eine Art Allergie?) mit einer Art Creme behandelte.. Rotpilzcreme! Auf meinen guten Rat hin hatte sie sich zum Family Physician unseres Vertrauens begeben :)

(und, ernsthaft: ich war bisher nicht eineinzigesmal Magen- oder sonstwie-krank.. nur Halsweh hab ich.. aber das ist ja wahrlich nichts Neues)

Chandni Chowk im Mondschein



Nach dem Büchereiaufenthalt fuhren Sanyat und ich nach Old Delhi, das nördlich an den Connaught Place anschließt. Wir erkundeten die Gegend rund um die Metro-Station Chandni Chowk, den Mondscheinplatz. Nach wenigen hundert Metern kamen wir an einer großen Gurdwara (Tor zum Guru), dem Tempel der Sikhs, vorbei. Touristenvicky (nix mehr mit Schinkenchips, obwohl eine gewisse Piratigkeit anhält..) wollte dieser selbstverständlich einen Besuch abstatten. Zunächst mussten wir dafür ein weißes Taschentuch erstehen, denn der Kopf muss für den Besuch einer solchen Stätte bedeckt sein. Weil es unter den jungen Indern, die ich bisher getroffen habe, die Angewohnheit gibt, sich gegenseitig immer abwechselnd einzuladen („ok, I’ll treat you a coke“), meinte ich „ok, let me treat you a handkerchief now..“ und schon waren wir beide piratenmäßig mit Kopftüchern ausgestattet. Wir betraten das Gebäude, nachdem wir unsere Schuhe abgestellt und unsere Füße und Hände gewaschen hatten – der Eingang wurde von einem mit einer Lanze und einem Säbel bewaffneten, turbantragenden alten Mann bewacht. Innen ließen wir uns auf den dicken Perserteppichen nieder und lauschten der Musik und dem Gesang.. glücklicherweise war alles so laut, dass wir uns auch unterhalten konnten. Wir liefen auch ein wenig durch den verwinkelten, großen Komplex und verweilten eine Zeit lang auf einem Balkon, der eine gute Aussicht auf das wimmelnde Treiben in den Straßen bot. Dort sprach mich ein Junge (siehe Bild) an, woher ich komme.. Sanyat unterhielt sich eine Weile auf Hindi mit ihm.. er kommt aus Kalkutta, hat seine Schule nach der 7. Klasse abgebrochen, weil er aus der Schule geflogen ist.. nachdem er seinen Lehrer verprügelt hatte, der ihn wegen Zuspätkommens nicht an einer Prüfung teilnehmen lassen wollte (das hat er mehrmals stolz erzählt). Er hat uns sogar die Spuren der Strafschläge gezeigt.. mittlerweile kocht er abends Essen in einem kleinen Lokal in Delhi.. er fragte, ob ich Sikh sei.. und ob Sanyat mein guide sei.. und meinte, wenn ich ein bisschen schwärzer im Gesicht wäre, könnte ich Inderin sein :) für solche lustigen kleinen Gespräche würde ich gerne Hindi lernen.. es ist interessant zu wissen, was die Leute so treiben. Sanyat entpuppte sich auch tatsächlich als sehr motivierter guide.. er muss meine Fragen über den indischen Alltag ja sowieso ertragen, aber für diese Gurdwara-Tour hat er sich sehr ins Zeug gelegt und einen Kumpel angerufen, der Sikh ist, um alle Fragen beantworten zu können. Jetzt weiß ich ein bisschen besser bescheid.. der Sikhismus ist eine sehr junge Religion (gegründet um 1500) und monotheistisch. Hervorgehoben wird die Wichtigkeit einer Verinnerlichung spiritueller Weisheit, die auch im täglichen Leben gelebt werden soll. Daneben soll jeder Form von Egoismus entgegengewirkt werden – was sich beispielsweise darin widerspiegelt, dass man, anders als im Hindutempel, nicht für alles zahlen muss, sogar für die Aufgabe der staubigen Sandalen am Tempeleingang. Auch wird jeden Sonntag in den Gurdwaras Essen kostenlos an jeden verteilt, der es haben möchte.. das widerspricht ganz offensichtlich dem hinduistischen Prinzip, niemals in Gegenwart Angehöriger niedrigerer Kasten zu essen und auch keine von diesen Leuten zubereiteten Speisen anzunehmen. Nach Auffassung der Gurus des Sikhismus führt allein Egoismus zu Unfriede und sozialen Problemen, wird er überwunden, führt das zu Sicherheit und Zufriedenheit. Ein ziemlich einleuchtendes Prinzip, das die Sikhs scheinbar mehr leben als beispielsweise die Christen.. die Sikhfamilie, die unter uns wohnt, hat heute beispielsweise ihren Sohn losgeschickt, mir Briefmarken zu kaufen.. einfach so, nur weil ich mich einige Zeit zuvor nach einem Post Office erkundigt hatte. Und scheinbar macht sich die Befolgung dieser Regeln bezahlt, die Sikhs sind eine überdurchschnittlich erfolgreiche, gebildete, reiche Bevölkerungsgruppe. Allein 20 % aller Offiziere der indischen Armee sind Skihs, obwohl diese nur 2 % der Gesamtbevölkerung ausmachen. Ziemlich herausragend ist auch das Erscheinungsbild der Skihs, das durch das Tragen der fünf Kakars ausgemacht wird: kes (ungeschnittenes Haar, welches – das weiß man sogar in Deutschland, insb. als Jurastudent, gabs da nicht so einen Motorradhelm-BVerfG-Fall..? – unter dem Turban versteckt wird und laut Wikipedia eine Respektbekundung an die Natur darstellen soll), kangha (Kamm), kirpa (ein kleiner Dolch.. zu sehen auf dem Foto bei dem Mann, der sich gerade zum Wasser herabbeugt), kadha (Silberarmreif zur Abwehr von Schwerthieben) und kachera (lustige Kniebundunterhosen). War ziemlich krass, diese ganzen altertümlich bewaffneten Bartträger herumlaufen zu sehen.. irgendwie.. ehrwürdig. Im Alltagsleben sieht man das weniger.. aber der stets getragene Turban ist auch ein auffälliges Erkennungszeichen. Was übrigens die Helmpflicht anbelangt, so genügt es in Indien, wenn der Sikh einen Plastiksichtschutz mithilfe eines Gummibands vor seinen Turban spannt :)

Nachdem wir die Gurdwara verlassen hatten, wanderten wir ein bisschen durch die engen Gassen Old Delhis, mit indischer Begleitung gleich sehr viel entspannter als das letzte Mal. Als wir dann zurück zur Metro Station liefen, ging sogar gerade der Vollmond über dem Mondscheinplatz auf.. voll toll.




Connaught Place im Sonnenschein





Gestern war einer der besten Tage bisher. Zum ersten Mal Sonnenschein! Da fühlt sich alles viel leichter, fröhlicher an.. und ohne die drückende Schwüle lässt sich die Hitze einfacher ertragen, finde ich. Ich war mit Sanyat am Connaught Place, dort gibt es im Gebäude des British Council eine Bücherei, die für jeden frei zugänglich ist.. drinnen ist alles ganz modern und angenehm kühl und sauber und man kann lesen solange man will. Dort verbrachten wir ein bisschen Zeit und sollte sich mein Plan manifestieren, eine Art Hausarbeit zu schreiben (Näheres über die Situation an der Uni folgt in den nächsten Tagen), werde ich das dort tun..

Der Connaught Place (eigentlich umbenannt in Rajiv Chowk) und die umliegende Gegend sind scheinbar das wirtschaftliche Herz Delhis, die Büromieten in den zahlreichen Hochhäusern enorm und der Ruf einer Firma oder einer Kanzlei, etc., bessert sich schlagartig, wenn eine solche Adresse auf der Visitenkarte zu finden ist.

Rashtrapati Bhavan & the India Gate



Nach dem Besuch des Nationalmuseums spazierten Amélie und ich noch ein wenig den Raj Path entlang, zum India Gate. Dort baten wir einen Mann, ein Foto von uns zu machen.. der Familienvater war davon so erfreut, dass er seine ganze afghanische Familie gleich mit ins Bild integrieren wollte :) zwischen seinem Kopf und dem von Amélie übrigens: the India Gate.

Danach spazierten wir zum Rashtrapati Bhavan, dem Präsidentenpalast.. die Säule mit dem Segelschiff war übrigens ein Geschenk Australiens. Es gibt ganz viele ähnlich aussehende, alle gesandt von anderen Commonwealth-Staaten.


National Museum - the Harappan and Mauryan Era



Am verregneten Sonntag starteten Amélie und ich ein typischtouristisches Kulturprogramm. Wir begaben uns ins Nationalmuseum und wurden zu unserem eigenen Erstaunen für den sagenhaften Eintrittspreis von 2 Rupien (Schüler und Studenten), da wir unsere Studentenausweise (für die wir schließlich mindestens 16 Formulare ausgefüllt haben) vorzeigen und damit den Touristenpreis von 300 Rupien umgehen konnten. Im Inneren gibt es eine unfassbare Sammlung von indischer Kunst, Alltagsgegenständen und Kostümen aus allen Epochen. Jedoch waren wir in den 3 Besuchsstunden nur in der Lage, die Räume 1 bis 4 zu bestaunen – wir werden wohl wiederkommen müssen, um die verbleibenden 30 Räume zu durchwandern. Aber das ist gerade gut.. für langweilige Sonntage.

Was wir uns angeschaut haben, waren Ausstellungsräume über die Harappan Civilization, auch als Indus-Zivilisation. Ich hab den Eindruck, dass man in Europa sehr auf den Mittelmeerraum und die frühen ägyptischen und mesopotamischen Hochkulturen konzentriert ist.. ich zumindest hatte bis zu meinem ersten Indienaufenthalt nichts von dieser östlichen Kultur, die sich im 2. und 1. Jahrtausend vor Christus und damit zeitgleich mit den Mittelmeerkulturen entwickelt hat, gehört. Es waren sesshafte Bauern und Töpfer, die über eine Landroute durch das heutige Afghanistan und auch per Schiff über das Arabische Meer Handel mit den anderen beiden Kulturen betrieben. Sie hatten sogar eine Schrift, die, obwohl Ausgrabungen erste Spuren dieser Hochkultur bereits in den 1920er Jahren zu Tage brachten, bis heute nicht dechiffriert ist, was mich ziemlich erstaunt hat.. das ist bestimmt einer der letzten wirklich spannenden Spielplätze für Archäologen. Naja.. vielleicht entdeckt man auch öfters mal unbekannte Kulturen, ich weiß nicht. Die Harappa-Menschen lebten in Städten, deren Straßen sich alle im rechten Winkel kreuzten, sie hatten ein Kanalsystem angelegt und benutzten Ochsenkarren. Untergegangen ist die Indus-Zivilisation vermutlich durch den gewaltsamen Einfall der Arier von Norden, darauf deuten Unmengen von Knochen hin, deren Besitzer allesamt einen gewaltsamen Tod gefunden haben. Auch wird der Kriegsgott Indra in den Veden (den heiligen Büchern der Hindus, die zwischen 1700 und 500 vor Christus geschaffen wurden), als Eroberer zahlreicher Forts verehrt – damit könnte der Sieg über die Harappan Civilization gemeint sein.

Nach dem Untergang der Harappan Civilization etablierte sich die Dynastie der Maurya, einer hinduistischen Herrscherfamilie, die sich übrigens auch mit Alexander dem Großen rumschlagen musste, der das Industal um 320 vor Christus eroberte. Die Kunst aus dem Maurya-Zeitalter gefällt mir bisher am besten.. die beiden steinernen Skulpturen stammen etwa aus dieser Epoche.

Die Abteilung „allerlei Bronzestatuen aus allen Regionen Indiens, egal aus welcher Zeit“ haben wir auch schon abgehakt.. hier ein ..lustiger Tänzer.







Donnerstag, 22. Juli 2010

Tag 1 & 2 an der Uni



Am Mittwoch hatte ich meinen ersten Tag an der Uni. Die Einführungsveranstaltung für die freshers sollte um 10 Uhr beginnen. Überpünktlich fand ich mich an der Fakultät ein.. nur um alle Sitzplätze im Auditorium bereits belegt vorzufinden. Wenigstens war der Hörsaal in Schuss gebracht worden.. zwei Tage zuvor hatte ich zufällig einen Blick reingeworfen und war schockiert gewesen beim Anblick verdreckter Stühle, zerbrochener Fensterscheiben, versiffter Wände. Das hatte man alles ganz nett hindrapiert.. mit roten Teppichen all over und die Wände waren verhängt mit weißen Tüchern. Ich stellte mich ganz hinten hinter die Sitzreihen, wo schon an die 40 Leute an den Wänden lehnten (insgesamt müssen wir 200-300 Leute gewesen sein). Irgendwann ging es dann los.. ein paar Professoren und der Dean kamen rein und setzten sich an einen langen Tisch auf einer Bühne, der Dean mit leuchtend rotem Turban in der Mitte – ein lustiger Anblick. Als dann die erste Ankündigung gemacht wurde, kam das ungute Erwachen: Das Mikrophon war so crappy, dass man wirklich kaum was verstand. Erst wurde versucht, das zu ändern.. aber als die Versuche erfolglos blieben, schwangen die ehrenwerten Herren eine Rede nach der nächsten. Es war so schrecklich langweilig.. die Jungs neben mir, ungefähr die größten Chaoten im Saal, lachten die ganze Zeit, klatschten wenn besonders unschöne Geräusche aus den Lautsprechern drangen oder für die Zeitdauer von 5 Sekunden doch mal ein Halbsatz verständlich an unser Ohr drang.. dabei vergewisserten sie sich natürlich ab und zu, ob ich sie auch beachtete.. voll.. pubertär. Musste dann aber grinsen und irgendwann kamen wir ins Gespräch, da die Reden ja erstens unverständlich und wohl auch langweilig waren. Nach einer Weile war dann der Dean an der Reihe.. er redete von unermesslicher guilt, dass wir erstens stehen müssten und zweitens nichts hören konnten, deswegen mussten wir nach ganz vorne und uns auf den Teppich vor den Professoren setzen.. naja immerhin konnte ich verstehen, was geredet wurde. Jeder, der das Mirkophon ergriff, redete davon, wie sehr er die Fakultät liebt, dass sie die beste des Landes sei, eines Tages gar die beste der Welt sein wird. Ich erfuhr (ich weiß nicht, ob es stimmt), dass 80% der Richter an den High Courts (den obersten Gerichten in jedem Bundesstaat) Absolventen der Delhi University seien.. dass sie aber leider kein Geld zur Unterstützung senden, sondern stattdessen nur die National Law Schools unterstützen.. dass wir deswegen unter der sehr schlechten Ausstattung und Infrastruktur leiden müssen, denn die Uni erhält keinerlei Gelder vom Staat, sie finanziert sich lediglich über die Studiengebühren (etwa 3500 Rupees pro Semester..also.. 60 Euro). Trotzdem.. die beste Fakultät, die motiviertesten Studenten.. dann wurde ein wenig mehr Inhaltliches erklärt, z.B. dass es sehr viele Moot Courts und Seminare gibt. Aber so richtig gelernt hab ich nichts. Die Stundenpläne waren auch noch nicht fertig. Deswegen begab ich mich, nachdem die Veranstaltung beendet war, zusammen mit meinen neuen Bekanntschaften zum nahegelegenen Kamla Nagar, einer Gegend voller Restaurants und Süßigkeitenläden und Klamottengeschäften und und und.. und zwar chauffiert von einem private driver in einem AC-gekühlten Wagen.. wobei wir eine Distanz von etwa 5 Gehminuten zurücklegten. Am Kamla Nagar zeigte man mir die Noodle Lane (eine Gasse voller chinesischer Imbissbuden).. ganz in der Nähe betraten wir das „1935“, eine Art.. Restaurant, das aber so abgedunkelt war, dass es eher einer Kneipe glich.. innerhalb begaben wir in uns in einen noch dunkleren Raum, wo man bodennah auf Sitzkissen saß und Hookah rauchen konnte. Der Raum war so dunkel und es wurde derart lautstark beste Tangente-Mukke gespielt (wer das einschlägige Etablissement kennt, versteht), dass einem eine vollkommen andere Tages- bzw. Nachtzeit vorgegaukelt wird. Wir saßen dort drei Stunden lang, die anderen.. konsumierten heftig.. Nudeln mit Käse-Sahne-Pesto-Sauce, Paneer (einfach einen Haufen Käse haben sie zu Mittag gegessen!), dazu Cola und Red Bull..und Eiskaffee.. irgendwie glaube ich, dass.. diese obere Mittelschicht extrem konsumfreudig ist. Die kaufen einfach alles.. und haben halbvolle Teller zurückgehen lassen. Dazu haben wir 3 Hookahs geraucht (Pani-Tabak, also Betelnuss.. und grapes & pani, ganz nice).. und uns sehr gut unterhalten. Vor allem mit Sanyat (zumindest glaube ich, er heißt so), auf dem Foto rechts neben mir, konnte ich gut reden.. er kommt aus Rajasthan, hat seine graduation in engeneering in Alhallabad gemacht.. graduation, das ist sozusagen die Allgemeine Hochschulreife, die schließt sich an die High School, die bis zum 10th standard geht, an.. man besucht dazu ein College und macht eine Art.. spezialisierte Ausbildung.. weiß nicht, zB Philosophy, Engeneering, Business.. und danach studiert man an der Universität, die Studienfachwahl ist unabhängig von der graduation. Naja jedenfalls.. hat er so ein gutes Englisch, dass ich mir schäbig vorkomme und mich fast schäme, was zu sagen.. sein Vater ist Judge am High Court von Rajasthan.. er weiß jede Menge über die Geschichte Indiens, den traditionellen Hinduismus (die Veden.. Ramayana.. hat er alles gelesen, einfach aus Interesse)..ist aber (überraschend..) Atheist.. wir haben über Kinofilme geredet und darüber, dass er auf den Nikobaren Scuba Diving gemacht hat und gerne mal Bungee Jumping ausprobieren würde.. und er hat Mein Kampf gelesen und wäre gern Direktor einer Mercedes-Fabrik in Indien.. er spielt Tabla und 3 andere traditionelle indische Trommeln.. sehr cool, was man von ihm erfahren kann. Leider ist er irgendwie auch.. arrogant.. und.. wie gesagt, ich hab mich irgendwie auch.. inferior gefühlt in dieser Gesellschaft.

Heute war der zweite Tag an der Uni, ich bin um halb 9 dort aufgekreuzt, mit der schwachen Hoffnung, die Stundenpläne wären fertig. Waren sie auch tatsächlich, es gab genau einen pro section (jedes Semester ist unterteilt in bis zu 10 Sections.. etwa Klassen.. von je 30-40 Studenten), sie waren jeweils war am schwarzen Brett ausgehängt .. man kann sich also vorstellen: Vor jedem schwarzen Brett tummelten sich um die 50 Menschen, die versuchten, einen Blick zu erhaschen. Ich kämpfte mich wahllos zu verschiedenen Stundenplänen vor und schrieb irgendwas auf, stellte dann einigermaßen randomly irgendwelche Fächer nach Interesse zusammen. Eigentlich hätte ich einfach alle Kurse einer section des 3. Semesters besuchen sollen.. da ich jedoch wenig Lust z.B. auf taxation habe, hab ich mir einfach was zusammengebastelt. Zufällig traf ich Sanyat, Abhishek (er hat in New York in engeneering graduiert, sehr nett) und Drew (auf dem Foto links von mir) und sie begrüßten mich freundlich, was mich erfreute, da ich ansonsten allein und einigermaßen bestarrt zwischen den anderen Menschen herumwanderte. Wir gingen einen Kaffee trinken, ich belegte spontan ihr nächstes Fach und begab mich dann mit ihnen in den Vorlesungsraum.. auch dort waren die Stühle während der Semesterferien komplett eingestaubt (mit eklig schwarzem Smog-Feinstaub) und wir mussten sie erstmal mit Zetteln äh..reinigen. Dann begann die Stunde, erstmal allgemeines Kennenlernen blabla hi my name’s Vicky I’m from Germany bla.. ich war sehr begeistert von der Akustik in diesem Klassenzimmer.. an der Decke rotierten 10 Ventilatoren, weswegen ich die leise Stimme der Unterrichtenden (sie ist wenig älter als wir, hat ihr LL.B. abgelegt) kaum verstand.. erschwerend kam der indische Akzent hinzu..einigermaßen uncool.. ab morgen setz ich mich besser in die erste Reihe.. naja, die Stunde war ganz interessant, aber ich glaube, es wird schwierig, die englische Fachterminologie zu verstehen. Saß zum Glück neben meinen fresher-Freunden, die manchmal was erklärten und übrigens selbst kaum was verstanden (wegen des Krachs). Außer mir waren von den schätzungsweise 35 Studenten nur 7 weiblich.. hätte ich nicht erwartet, wo doch so viele weibliche Profs an der Fakultät sind. Naja, mal sehen wie’s morgen weitergeht.. auf dem Stundenplan stehen Labour Law und Constitutional Law.

castle keys.. für Chris! :)

links ein handelsüblicher Apfel, übrigens aus Kaschmir stammend.. hier in Delhi sind die Äpfel wirklich lecker, wohingegen sie in Mumbai stets megamehlig waren. der Konsistenzunterschied wird vermutlich durch die geschätzten 800 Kilometer Mehr an Reisedistanz ausgemacht, die ein Apfel nach Mumbai zurücklegt ;) rechts im Bild: die castle keys.. nur so zum Größenvergleich..

in der Wohnung tut sich auch was..



Daheim hat sich Manches verändert.. Helen ist ausgezogen (sie wohnt jetzt mit einer koreanischen Mitbewohnerin zusammen ganz in unserer Nähe). Das hat den Vorteil, dass ich endlich in das große, helle, lüftbare Zimmer mit schönerem Badezimmer ziehen konnte (siehe Foto). Auf der anderen Seite ist es schade, weil das Zusammenleben mit ihr bestimmt interessant geworden wäre.. sie ist auch ein bisschen.. aufgetaut in den letzten Tagen. Man muss sich vielleicht mehr an diese fernöstliche Art gewöhnen.. jedenfalls.. hat es eines Abends voll verbrannt gerochen und ich hab überall rumgeschnüffelt.. bis ich schließlich die Ursache fand: zwei brennende, in Amélies Bauch steckende Akupunkturnadeln! Helen hat Amélie wegen ihrer dauerhaften Krankheit behandelt und verschiedene Stellen, die in Verbindung mit dem Magen stehen, angepiekst. Sowas Ähnliches hat sie bei mir auch gemacht (nur mit den Fingern), als ich ihr von meinem empfindlichen Magen erzählt hab.. das scheint irgendwie in die gleiche Richtung zu gehen wie die Art und Weise, auf die Violetas Mutter in Rumänien mich behandeln wollte.. Kraftlinien und so.. der Magen und die Handgelenke, das hängt.. zusammen? Ja.. jedenfalls.. trinkt sie auch gern australisches und koreanisches Dosenbier und hat allgemein Seiten offenbart, die man ihr zunächst nicht zugetraut hat ;) auf dem anderen Foto übrigens Amélie und ich auf unserem neuen Sofaaaaaaa..!