Montag, 29. November 2010

Reise nach Ajmer

Am Samstagmorgen, so war der Plan, sollten wir uns per Zug nach Rajasthan begeben, um im beschaulichen Wüstenörtchen Pushkar die Pushkar Mela, die weltgrößte Kamelmesse, mitzuerleben. Freitagabend stellte ich dann fest, dass ich beim Buchen der Fahrkarten mal wieder einiges vermasselt hatte (déjà vu).. glücklicherweise befanden wir uns gerade in Nirjhars Auto und damit auf höchst komfortable Weise in der Nähe des sog. Bikaner House, dem Busbahnhof des rajasthanischen Tourismusverbands. Wir hielten also dort an und ich buchte kurzerhand Tickets für den nächsten Morgen – für Amélie, Jonas und mich. Wieder im Auto bei den anderen kam mir plötzlich in den Sinn, dass man ja auch einen Nachtbus noch am selben Abend nehmen könnte, daylight saving time! Und wieso eigentlich ein Trip zu dritt.. Sanyat und Nirjhar, kommt mit! Die kurz aufkeimenden Zweifel wurden niedergemäht, die soeben gebuchten Tickets gecancelt, eine Reise für den selben Abend eingefädelt. Der Bus sollte um 23.30 Uhr abfahren, es blieben uns damit fast drei Stunden.. das mag nach einem ausreichenden Zeitraum klingen, um kurz mal 3 T-Shirts und eine Zahnbürste zusammenzupacken. Jedoch muss der Indienlaie bedenken, dass die Bewegung im innerstädtischen Nahverkehr auf diesem Subkontinent äußerst zeitkonsumierend ist! So brach schon gleich zu Anfang unseres wahnwitzigen Unterfangens (gegen 20.45 Uhr) eine gewisse Hektik aus..die sich später zu einer regelrechten Panik hochschaukeln sollte. Zunächst fuhren wir mit dem Auto ein Stückchen gen Norden.. nachdem irgendjemand eine grobe Zeitrechnung aufgestellt hatte, wurde klar, dass wir uns beeilen mussten. Sanyat wechselte ans Steuer, da allgemein angenommen wurde, er könne durch seinen geisteskrank-rücksichtslosen Fahrstil noch etwas herumreißen.. das Einzige was er jedoch tatsächlich herumriss, war das Lenkrad (Vollgas, zwischen zwei Fahrzeuge schlängeln, Vollbremsung, Vollgas, scharfe Linkskurve, Vollbremsung, Vollgas, anhaltendes Hupen..) und vielleicht unsere Nackenmuskulatur.. oder so. Darüber hinaus war sehr fraglich, ob es für Nirjhar praktikabel sein würde, uns in den Norden zu fahren, da er selbst im Osten Delhis wohnt (in etwa 20 km Entfernung) und selbst auch noch packen musste. Als wir dann auch noch im Feierabendverkehr steckenblieben, entschlossen wir, Nirjhar mit dem Auto seinem Schicksal zu überlassen und stiegen kurzentschlossen aus. Unsere Annahme, in der Nähe einer Metrostation zu sein, bestätigte sich unglücklicherweise nicht.. mittlerweile hatten einige der Beteiligten eine leicht panisch kieksende Stimme angenommen, andere wirkten äußerlich ruhig und kicherten nur ab und an ungläubig in sich hinein.. nach einer wahren Hetzjagd erreichten wir die Metro und quetschten uns mit dem schönsten Rush-Hour-Pulk in die schlecht ventilierte Untergrundbahn. Gegen 5 vor 10 erreichten wir unsere Wohnung.. spätestens um 22.15 Uhr mussten wir wieder aufbrechen, wollten wir unseren Bus erwischen. In Windeseile wurde das Allernotwendigste (vor allem Haferflocken) zusammengepackt, wobei auch einige Wolldecken nicht fehlen durften, da es selbst in Indien mittlerweile ziemlich herbstlichkalt ist. Mitten im Trubel (wir waren gerade damit beschäftigt, Essensreste aus der Küche zu entfernen, um den bei uns seit neustem heimischen Kakerlaken über das Wochenende keine zusätzliche Tummelstätte zu bieten) erreichte uns eine Hiobsbotschaft von Sanyat: Er hatte keinen Schlüssel dabei und sein Room Mate war ausgeflogen.. ohne Zugang zu seiner Behausung hatte er sich daher notgedrungen darauf Verlegt, einige Kleidungsstücke und Geschirrtücher von der Wäscheleine in eine Plastiktüte zu packen.. desweiteren war er bargeldlos und daher darauf angewiesen, von uns aufgesammelt zu werden :) die ganze Hals-über-Kopf-Aktion nahm ungeahnt chaotische Züge an! Gegen 22.30 Uhr brachen wir endlich Richtung Central Delhi und Bikaner House auf, noch überwiegend zuversichtlich, fast pünktlich zu sein. Die Metro spielte uns dann selbstverständlich auch noch einen Streich, indem unsere Bahn an zwei Haltestellen scheinbar grundlos für jeweils fünf Minuten hielt.. höchst nervös versuchten wir zu kalkulieren, ob es nun schneller sei, sofort auszusteigen und mit der Riksha weiterzufahren.. dabei wurden auch Faktoren wie die Rikshadichte der entsprechenden Gegend nicht außenvorgelassen. Risikobereit entschieden wir uns für diesen Transportmittelwechsel und erreichten schließlich 3 Minuten vor Abfahrt den Busbahnhof! Belohnt für die schweißtreibende Anreise wurden wir mit einer superluxuriösen Nachtbusfahrt im noblen VOLVO-Bus (indienweit bekannt als das non-plus-ultra-Vehikel schlechthin). Jonas bereitete sich noch seelenruhig seine Schüssel Haferflocken zu.. und bald schlummerten wir alle friedlich.

[superkomfortabel sauber leise schnell.. nie bin ich Indien auch nur annähernd so luxuriös gereist!]

Schon gegen 5 Uhr morgens erreichten wir Jaipur. Dort fanden wir uns im gänzlich nachtschwarzen Busbahnhof wieder.. dort tranken wir den obligatorisch sirupsüßen Chai und hatten eine Art sehr frühes Frühstück, bestehend aus Dal Chawal.. Linsensuppe vor Sonnenaufgang, man gewöhnt sich echt an alles.. angenehm wärmend war es allemal. Anschließend stiegen wir in einen weiteren Bus, der uns nach Ajmer bringen sollte.. die im fahl-rosigen Dämmerlicht liegende, einödig-trockene Wüstenlandschaft, die wir dabei durchquerten, wirkte irgendwie gespenstisch und zugleich beruhigend menschenleer. Um 8 Uhr kamen wir schließlich in Ajmer an..

[am Busbahnhof Ajmer genehmigten wir uns ein zweites Frühstück, diesmal bestehend aus Poha (gedünsteten und plattgewalzten Reisflocken).. mmmh :) das lustige (roadside-) Essen ist doch eine der tollsten Sachen am Reisen!!]

[mit der Autorikshaw fuhren wir von der Bushaltestelle in die Stadt.. und wenn Johnny-Beta erst groß ist, wird er auch mal Riksha-Walla!]

2 Kommentare:

die Mama hat gesagt…

OH mein Gott, steht mir auch so eine chaotische Reise bevor?? Hat der Verdauungsapparat deiner verschiedenen Besucher eigentlich alles problemlos mitgemacht???

Doro hat gesagt…

Chaotisch, spannend, cool! Vicky and friends in India.