Freitag, 5. November 2010

Rivalsar

[Speeeeeed up India! © by Sanyat]

Am Nachmittag – nach einem ausschweifenden Mittagessen, versteht sich – fuhren wir nach Rivalsar, ein Fake-Dharamsala.. und da Dharamsala ein Fake-Lhasa ist, ergibt sich, wenn man der mathematischen Logik folgt: Rivalsar = Fake-Fake-Lhasa. Naja, wie auch immer.. Rivalsar ist ein Zentrum des buddhistischen Glaubens, es gibt mehrere Tempel und viele Exil-Tibetaner pilgern hierher. Allgemein scheint Rivalsar als auspicious angesehen zu sein, haben sich rund um den dort befindlichen kleinen See doch Anhänger jeglicher Glaubensrichtungen mitsamt ihrer Gotteshäuser angesiedelt. Das Spektrum reicht vom relativ unscheinbaren Shiva-Schrein über die an ein Schulgebäude erinnernde Gurudwara bis zum alles überragenden, momentan im Bau befindlichen, bunt leuchtenden Superkitsch-Tempel mit 30 Meter hoher Buddha-Statue auf dem Dach.



Wir spazierten um den See und staubten in einem kleinen, Ganesha geweihten Heiligtum außergewöhnlich leckeres Prasad ab: warmen, süßen Kheer (Milchreis). Maussi kaufte unterdessen eine Packung trockener Kekse.. ich fragte mich noch, was sie damit anfangen würde, speisten wir doch gerade vorzüglich for free, da begann sie, ein paar Kekse in den unheimlichen schwarzen See zu werfen. Die bisher stille, unbewegte Wasseroberfläche brach sogleich auf, alles kam in Bewegung als unzählige Fischmäuler geräuschlos in die Luft schnappten. Abertausende an fetten Karpfen leben in diesem Wasser, von wohlmeinenden Pilgern jeder Religionsangehörigkeit mit Keksen (und vermutlich Kheer) gemästet. Während wir ungläubig am Ufer standen und das Spektakel beobachteten, stellte Aakashi einen treffenden Vergleich an.. „reminds me of India.. there are just too many of them, overpopulation.. too few resources, you got to fight your way through” “yes.. and there’s always an open mouth to feed”.


Am nächsten Morgen war leider schon der letzte Tag unserer Abenteuerfahrt gekommen.. mit dem Auto kurvten wir die zeit- und nervenaufreibende Strecke nach Chandigarh hinab, von wo aus wir uns mit dem Zug zurück nach Delhi begaben. Damit kehrten wir (leider) auch in den indischen Alltag zurück.. am Bahnhof New-Delhi schlug uns schlechte, heiße Luft entgegen und kaum hatten wir einen Fuß auf den Bahnsteig gesetzt, fing auch das nie-endende Gedrängel gleich wieder an. Es ist tatsächlich erstaunlich, wie hoch droben in den Bergen das Leben so ruhig verläuft.. und die Leute sich von den Vorgängen und Geschehnissen im Flachland wenig beeinflussen lassen.. obwohl auch sie all die Konsumgegenstände und Fernseheinflüsse und Modetrends erreichen, irgendwie.

1 Kommentar:

Doro hat gesagt…

Beinahe unglaublich, Vicky: Jetzt hast Du gerade ein Vierteljahr in Indien verbracht und schon so viel erlebt.
Jetzt geht wohl das Leben an der Uni wieder los, bin also gespannt, wie Deine weiteren Berichte ausfallen. Ganz liebe herzliche Grüße, Doro